Bildung löst Kettenreaktion aus
Seit Februar steht Mwansa Ketty Lubeya in Sambia dem Projekt zur Förderung der klinischen Berufsausbildung (ACEZ) von SolidarMed vor. Die Gynäkologin engagiert sich für das Fachpersonal, weil die praktische Ausbildung unter anderem aufgrund fehlender Infrastruktur mangelhaft ist.
Ein Vorbild zu haben, das ist inspirierend. So ging es auch Mwansa Ketty Lubeya. Die 42-Jährige wuchs mehrheitlich im ländlichen Sambia auf und war stets eine sehr gute Schülerin. «Wer in meiner Heimat gute Schulleistungen aufweist, studiert meist Medizin, Ingenieurwesen oder Recht. Es gab viel zu wenig medizinisches Fachpersonal und ich wollte deshalb unbedingt Medizin studieren. Damals schauten wir die südafrikanische TV-Serie «Soul City». Darin spielte eine Ärztin eine wichtige Rolle. Sie hat mich inspiriert und mir gezeigt, dass es als Frau möglich ist, Medizinerin zu sein», erinnert sich die neue Leiterin des Projekts ACEZ (Advancing Vocational Clinical Education in Zambia).
Während ihrer Ausbildung arbeitete Mwansa Ketty Lubeya im ländlichen Sambia, wo sie neue Perspektiven auf die Medizin gewann: «In einem kleinen, abgelegenen Spital stellen sich ganz andere Probleme als in der Stadt. Das wurde mir vor allem beim Thema Gebärmutterhalskrebs klar», so die 42-Jährige. Sambia habe die zweithöchste Rate dieser Krebsart weltweit. Und trotz der über 20 Millionen Einwohner:innen können Patientinnen nur in einem Spital in der Hauptstadt behandelt werden.
«Die hohe Zahl hat mich auch deshalb beschäftigt, weil Gebärmutterhalskrebs verhindert werden kann», betont Mwansa Ketty Lubeya. Dieses Engagement hat denn auch zu ihrer zweiten Dissertation – in Public Health – geführt. Dafür forscht sie zu HIV und Gebärmutterhalskrebs, denn die Gesundheit von Müttern und Kindern liegt ihr besonders am Herzen. «Gesunde Mütter bedeuten gesündere Familien», weiss die sechsfache Mutter, die ihre Batterien gern in der Natur auflädt, sich im Garten um ihre Avocadobäume kümmert und meditiert.
Bereits früh hat die Expertin in Gynäkologie und Geburtshilfe die Bedeutung von Aus- und Weiterbildung erkannt: «Die Forschung, die klinische Arbeit mit den Patientinnen und die Lehre gehören zusammen. Um mehr zu erreichen, als ich es als Ärztin in der klinischen Arbeit kann, ist gerade die Lehre unglaublich wichtig.» So sei nicht nur wichtig, die Studierenden gut auszubilden, sondern ebenso Ausbilder:innen immer auf den neusten Stand zu bringen. Bildung bewirke eine Kettenreaktion.
«In einem kleinen, abgelegenen Spital stellen sich ganz andere Probleme als in der Stadt.»
Der Wunsch, mit ihrer Arbeit eine grössere Wirkung zu erzielen, hat sie denn auch dazu inspiriert, die Stelle bei SolidarMed anzutreten – auch wenn sie manchmal die Arbeit mit den Patientinnen vermisst. «Ich kenne den Kampf der Studierenden für eine gute Ausbildung. Die Bevölkerung in Sambia wächst, aber die Qualität der Ausbildung von medizinischem Fachpersonal sinkt», erklärt sie. Zur Zeit ihrer Ausbildung gab es nur eine Ausbildungsstätte, inzwischen sind es acht. «Doch die praktische Ausbildung fehlt, denn es gibt zu wenig entsprechende Ausbildungsplätze», bedauert Mwansa Ketty Lubeya.
Deshalb freut sie sich besonders, dass im Rahmen des SolidarMed-Projekts multidisziplinäre Ausbildungszentren eröffnet werden, Dort können die unterschiedlichen Berufsgruppen im Übungsraum verschiedenste Fähigkeiten trainieren, digitale Lehrmittel benützen und teambasiert lernen: «Hier bilden wir auch die Ausbilder:innen weiter und bieten die erforderlichen Werkzeuge. Die Zentren sind wegbereitend.»
Obwohl Mwansa Ketty Lubeya erst seit Februar das Projekt leitet, sieht sie erste Herausforderungen: «Wichtig ist, die verschiedenen Interessenvertreter:innen an Bord zu holen. Ausserdem arbeiten wir daran, dass die Zentren nachhaltig unterhalten werden», sagt sie. Lösungsansätze sieht sie ebenfalls: Die Sichtbarkeit von SolidarMeds Tätigkeiten soll gesteigert und die Identifikation mit und das Engagement für das Projekt gestärkt werden. Zudem wartet die Projektleiterin auf die Fertigstellung von zwei weiteren Zentren. Die nächste Stufe des Projekts beinhalte ausserdem die intensivere Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium, den verschiedenen Berufsverbänden, weiteren Bildungsinstitutionen und anderen Nichtregierungsorganisationen, um noch mehr Studierende erreichen zu können.
ACEZ – Das Projekt
Um mehr Fachleute ausbilden zu können und die Qualität der Ausbildung zu steigern, hat das Gesundheitsministerium von Sambia zehn Spitäler ausgewählt und dezentralisierte Lehr- und Lernzentren eingerichtet. Als langjährige Partnerorganisation wurde SolidarMed vom Gesundheitsministerium gebeten, den Aufbau der Zentren für die klinische Ausbildung gerade im praktischen Bereich zu unterstützen. Bisher wurden vier regionale multidisziplinäre Ausbildungszentren eröffnet.
In den Zentren erhalten Medizinstudierende, Clinical Officers, Pflegefachstudierende sowie klinische Ausbilder:innen Zugang zu Übungsräumen, Simulationsstationen, digitalen Tools und aktuellen Inhalten. Pro Jahr können so bereits 1’200 Studierende ausgebildet werden. Weitere Zentren sind geplant. Unterstützt wird das Projekt vom Liechtensteinischen Entwicklungsdienst (LED).