«Ich möchte etwas am System ändern»
Wo Unterstützung nötig ist, möchte Frida Akyoo den Menschen diese ermöglichen. Das gelingt ihr als Projektmanagerin bei SolidarMed in Tansania. Doch auch mit ihrer Forschung trägt sie dazu bei.
Beata Kuoko (26) wird im abgelegenen Spital Lugala im Distrikt Malinyi in Tansania behandelt. Beim Braten von Fisch hatte sich das Öl entzündet. Um einen Brand zu verhindern, wollte sie die brennende Pfanne aus ihrer Hütte ziehen und verbrannte sich dabei ihre Füsse. Nach drei Wochen Behandlung hat die Bauernfamilie kein Geld mehr, um für einen längeren Spitalaufenthalt aufkommen zu können. Eigentlich müsste Beata deshalb jetzt heim. Doch Frida Akyoo, Projektmanagerin bei SolidarMed, ist rechtzeitig zur Stelle: Dank dem Fond für sehr arme Patient:innen kann sie den restlichen Aufenthalt für Beata bezahlen. Genau das ist auch die Hauptmotivation von Frida Akyoo: Sie möchte in ihrem Job die Leben von Menschen, die es besonders nötig haben, positiv beeinflussen.
Die Projektmanagerin wuchs in Arusha auf. Ihr Vater war Arzt, ihre Mutter Pflegefachfrau. «Ich sah meine Eltern, wie sie anderen Menschen halfen. Und ich lebte inmitten all dieser medizinischen Bücher. Manchmal wartete ich auf meine Mutter im Spital und half im dazugehörenden Waisenhaus als Freiwillige aus», erinnert sich die 33-Jährige. Ihr war klar: Sie wollte auch einen medizinischen Beruf ergreifen. Das Medizinstudium lag ihr nicht so, deshalb sattelte sie auf Sozialwissenschaften und Public Health um. «So kann ich etwas am System ändern», betont sie.
Nach ihrer Ausbildung arbeitete Frida Akyoo beim Stadtrat von Tanga, einer Hafenstadt im Norden Tansanias, im Gesundheitssekretariat mit Zahlen und Daten und danach als Projektkoordinatorin zu Themen wie HIV, Tuberkulose und frühkindlicher Entwicklung. «Das war sehr interessant und ich konnte mit meiner Arbeit Menschen berühren», sagt sie. Die Stelle bei SolidarMed als Projektmanagerin von Ubuntu (siehe unten) gibt ihr die Möglichkeit, sich beruflich weiterzuentwickeln und mehr Verantwortung zu tragen.
«Das Einzugsgebiet unserer mobilen Klinik im Distrikt Malinyi liegt geografisch sehr abgelegen. Hier leben etwa 225 000 Menschen. Dazu kommt, dass es hier halbnomadische Bevölkerungsgruppen gibt und Überschwemmungen den Zugang zu medizinischer Grundversorgung erschweren», beschreibt Frida Akyoo, die in ihrer Freizeit gern reist, Wasserfälle besucht und Berge erklimmt. Ubuntu besteht aber nicht nur aus der mobilen Klinik, sondern aus drei Komponenten: Neben dem verbesserten Zugang zur Gesundheitsversorgung durch die mobile Klinik umfasst das Projekt die Steigerung der Qualität der Versorgung – durch Weiterbildungen des Gesundheitspersonals und Anschaffung von medizinischer Ausrüstung – und der Verbesserung der Datenanalyse.
Unterwegs mit der mobilen Klinik
Mit der neu eingeführten mobilen Klinik konnten im vergangenen Jahr über 33 000 Menschen erreicht werden. Darüber hinaus gelang es Frida Akyoo, 50 Gesundheitsfachleute in Notfallversorgung und Wiederbelebung von Neugeborenen weiterzubilden. Über 70 Personen konnten vom Fonds für vulnerable Patient:innen profitieren und eine Apotheke wurde gebaut, mit deren Gewinn das Spital Lugala unterstützt werden soll.
Mit der mobilen Klinik besucht das Team regelmässig 30 Orte in 14 schwer erreichbaren Dörfern. «Im Dorf angekommen, können wir medizinische Grundleistungen wie Impfungen erbringen, aber auch Tests und Behandlung von HIV, Tuberkulose, Diabetes oder Bluthochdruck anbieten», erzählt die Projektmanagerin sichtlich stolz. Auch die Untersuchung und Beratung von Schwangeren sei ein wichtiger Teil des Angebots. Wenn die Klinik im Dorf ankommt, werden die Menschen mit einem Megafon auf die Ankunft aufmerksam gemacht. Ausserdem informieren vorab auch die Dorfgesundheitsberatenden die Bevölkerung über den bevorstehenden Besuch.
«Je nachdem, wie viel es geregnet hat und wie stark allfällige Überschwemmungen sind, kommen an einem Tag bis zu 120 Personen zur mobilen Klinik», erklärt sie. Dieser Teil des Projekts nehme die meiste Zeit in Anspruch und trage stark zum verbesserten Zugang zu medizinischer Grundversorgung der Bevölkerung bei.
Training während der Regenzeit
Frida Akyoo ist auch dafür verantwortlich, dass die neun Gesundheitseinrichtungen der Region nicht nur die Ausrüstung haben, die sie benötigen, sondern auch, dass das Personal gut aus- und weitergebildet ist. «Ich organisiere Mentorings, Trainings, aber auch kleinere Renovationen der Infrastruktur», sagt sie. Dabei sei die Pflege der Neugeborenen ein zentrales Thema.
Die Public-Health-Expertin schreibt nebenher noch an ihrer Doktorarbeit. Sie erforscht, wie es gelingen kann, dass Menschen von nomadischen Gemeinschaften ihre HIV-Medikamente regelmässig einnehmen. Dabei hilft ihr, dass sie auch für das Projekt Daten erheben und analysieren muss. «So können wir Erkenntnisse aus unseren Projekten mit anderen teilen», sagt sie.
Die gebürtige Arusherin wünscht sich, mit ihrer Arbeit möglichst viele vulnerable Patient:innen unterstützen zu können. «Aufgrund der Abgelegenheit und der Geografie unseres Projektgebiets sind wir gerade während der Regenzeit leider limitiert. In diesen Zeiten fokussieren wir uns auf Tätigkeiten vor Ort wie Trainings und bereiten wir uns gut vor, sodass wir gleich wieder mit der mobilen Klinik losfahren können, sobald es die Situation erlaubt», erklärt sie